Wir sind tief von der Idee durchdrungen, dass die Modernität auf der Kanalisierung der Leidenschaften durch den Verstand beruht, entweder durch Berücksichtigung universeller Normen oder durch die Zusammenstellung wohlverstandener Interessen. Ihr Wiederaufleben in den aktuellen Konflikten, mit extremer Gewalt im Gefolge, zeigt uns, dass dies nicht so ist. In Zeiten, wo die Globalisierung den Zusammenhalt des Nationalstaates infrage stellt, wo Waffen, vor allem Atomwaffen, das Wesen des Kriegs verändern, treten Bürgerkriege, Terrorismus und der Aufstieg sozialer Gewalt an die Stelle von zwischenstaatlichen Konflikten. Ist diese Entfesselung der Leidenschaften der Ursprung der aktuellen Umwälzungen, oder umgekehrt? Um die Dynamiken unserer komplexen und sich verändernden Welt zu erfassen, müssen wir zugleich die Analyse von Krieg und Frieden und mit ihr alle unsere Kategorien der politischen Philosophie verstehen. Dadurch werden wir begreifen, welche Rolle die Leidenschaften, ihre Verbreitung, ihre Wechselwirkung, ihr Gleichgewicht und Ungleichgewicht nicht nur im Auslösen von Konflikten, sondern auch in der möglichen Bewältigung dieser spielen. Darin liegt das Problem der Politik: von der Möglichkeit des Zusammenlebens zwischen Bürgern, Verbündeten und Gegnern innerhalb einer gemeinsamen Weltordnung auszugehen.